In Athen gehen die Lichter aus

Ich selber fahre kein Auto, ich habe einen Taxifahrer, der mich zum Flughafen bringt und vom Flughafen abholt. Er heißt Thodoros mit Vornamen, ist unverheiratet und lebt allein. »Was halten Sie von Lucas Papademos?«, fragte er mich, als er mich vorige Woche vom Flughafen abholte. Ich sagte ihm, dass ich Papademos für die richtige Wahl als Regierungschef halte, weil er ein kluger und anständiger Mensch ist, der sowohl in Griechenland als auch in der Europäischen Union hohes Ansehen genießt. »Na ja, Fahrgäste wird er mir nicht bringen«, lautete die resignierte Antwort meines Fahrers. »Das wäre auch ein bisschen viel verlangt«, entgegnete ich. »Schauen Sie«, versetzte Thodoros, »ich zahle für dieses Taxi wöchentlich 350 Euro Miete. Ich arbeite sieben Tage in der Woche, und doch reicht es oft nur für die Miete. Manchmal muss ich sogar draufzahlen. Ob jetzt Papademos Premierminister ist oder ein anderer, mein Geschäft ist sowieso tot.«

Die Griechen fuhren gern mit dem Taxi, weil es so billig ist. Für 3,20 Euro kommt man im Zentrum von Athen fast überallhin. Eine längere Fahrt kostet nicht mehr als sechs Euro. Bis vor einem halben Jahr hätte man in der Mittagszeit vergeblich auf ein freies Taxi gewartet. Heute sieht man überall lange Schlangen von Taxis, die auf Fahrgäste hoffen, nicht nur zu Mittag, sondern auch am Abend und am Wochenende.

Doch es ist noch schlimmer! Die Rezession ist nicht der einzige Kummer der Märtyrer. Ihr Geschäft ist zwar tot, aber sie werden dreimal zur Kasse gebeten. Einmal mit der Einkommensteuer, dann mit einer weiteren Extrasteuer und zuletzt mit einem Solidaritätszuschlag. Nächstes Jahr werden sie den Solidaritätszuschlag sogar zweimal zahlen müssen. Die Mehrwertsteuer wurde im Laufe des vergangenen Jahres schon zweimal erhöht.

Während die Steuerhinterzieher gar keine oder nur sehr wenig von diesen Zusatzsteuern und Solidaritätsbeiträgen zahlen, weil viele gar keine Steuererklärung abgeben oder den größten Teil ihres Einkommens verschwinden lassen, wird den ehrlichen Bürgern die Luft abgeschnürt.

kassandra