Brief DHW an Presserat

Anläßlich der stark negativen und zum Teil unfairen und grenzwertig rassistischen Berichterstattung deutscher Printmedien über die Wirtschaftskrise in Griechenland hat der Vorstandssprecher der Deutsch-Hellenischen Wirtschaftsvereinigung (DHW) einen Beschwerdebrief an den Vorsitzenden des Deutschen Presserats, Kajo Döhring, gesandt. Anbei der volle Text des Schreibens.

An den Vorsitzenden des Deutschen Presserats e.V. Herrn Kajo Döhring Fritschestr. 27/28 10585 Berlin Köln, 2010-02-27

Berichterstattung über die Wirtschaftskrise in Griechenland

Sehr geehrter Herr Döhring,

die Berichterstattung der letzten Wochen über die Wirtschaftskrise in Griechenland ist Anlass genug Ihnen heute eine Beschwerde zu senden.

Die Deutsch-Hellenische Wirtschaftsvereinigung (DHW) als Sprachrohr und Interessenvertretung der gut 30.000 griechischen und griechischstämmigen Unternehmer und Selbständigen in Deutschland macht sich Sorgen um das freundschaftliche Zusammenleben und die deutsch-griechischen Beziehungen.

Insbesondere die Printmedien und ihre elektronischen Seiten berichten zurzeit in einer Art und Weise über Griechenland und das griechische Volk, die viele von uns als beleidigend empfinden und uns unbegründet in die rhetorische Defensive in unserem Alltag drängt. Höhepunkt dieser Hasstiraden und dieser Hetze ist die Ausgabe 08/10 des Nachrichtenmagazins FOCUS mit seinem unfairen Titelblatt und dem unsachlichen Kommentar von Michael Klonovsky. In letzterem werden sogar griechenlandfeindliche Theorien aus der alten Schatzkiste herausgeholt mit subjektiven Antipathien vereint und in Stammtischmanier verbreitet. Das ist keine Satire mehr sondern Gift und Galle gepaart mit Ignoranz und Böswilligkeit.

Wir sind durchaus der Meinung, dass es in dieser Situation Vieles zu kritisieren und zu bemängeln gibt. Die Journalisten sollen aber die Contenance bewahren und die Täter beim Namen nennen. Nicht die gesamte griechische Bevölkerung ist an der jetzigen Tragödie schuld. Wir haben in den letzten 40 Jahren mit einer politischen Klasse zu tun gehabt, die zu großen Teilen korrupt gewesen ist. Die Verfassung und das Wahlrecht Griechenlands amnestieren diese korrupten Politiker am Ende des Mandats, egal ob bei normalem oder vorgezogenem Urnengang. Sollten die Europäer der Meinung sein, griechische Politiker hätten die EU und die Kommission vorsätzlich betrogen, dann sollen sie diese vor den europäischen Gerichten zitieren. Das wäre die einzige reelle Chance, Klarheit zu schaffen und die Verantwortlichen zu bestrafen. Griechische Gerichte oder parlamentarische Untersuchungsausschüsse werden hier erfolglos bleiben.

Ich appelliere an Sie, sich dafür einzusetzen, dass die Berichterstattung in den deutschen Medien wieder zur Sachlichkeit zurückfindet. Denn genauso wie wir es abscheulich finden, dass in der griechischen Presse die Deutschen pauschal als Nazis beschimpft werden, wehren wir uns auch dagegen, dass die Hellenen – und mit Ihnen auch die gut 350.000 in Deutschland lebenden – als Betrüger tituliert werden.

Bitte sorgen Sie dafür, dass die Journalisten das Klima nicht weiterhin anheizen und vergiften. Stattdessen sollten sie sich bemühen, das traditionelle und historische freundschaftliche Verhältnis zwischen Griechen und Deutschen und insbesondere den deutschen Philhellenismus zu bewahren und zu fördern. Denn wahre Freunde – auch und vor allem im gemeinsamen Haus Europa – erkennt man in der Not. Politiker und Medien müssen mit allen Kräften vermeiden, dass wir keine „Versailler Verhältnisse“ zwischen Europa und Griechenland bekommen. Denn wer kennt besser als die Deutschen, was diese für fatale emotionale und politische Folgen für alle Völker Europas hatten.

Eine Kopie dieses Schreibens erhalten der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes, Herr Michael Konken, sowie Herr Dr. Hubert Burda als Vorstandsvorsitzender der Hubert Burda Media, die den Focus herausgibt, zu ihrer Information.

Mit freundlichen Grüßen
Phedon G. Codjambopoulo, Vizepräsident und Vorstandssprecher

kassandra