D’r Ulm’r isch ebbe derb

In Ulm stehen der höchste Kirchturm der Welt und der höchste Getreidespeicher Europas – ein winziges Freilufttheater in der Innenstadt wirkt da geradezu mickrig. Da hilft den Schauspielern nur ihr derbes Mundwerk, um trotzdem alle Blicke auf sich zu ziehen.

„Hosch koin Arsch?“, fragt Thomas Dentler, der nicht nur Graf Dracula, sondern auch Gerhard Polt ähnelt. Er steht unter der Eiche im Grünen Hof vor dem Staatlichen Hochbauamt. „Freile han i an Arsch!“, antwortet seine Partnerin irritiert. „Ab’r wieso“, hakt Thomas Dentler nach, „schtinkscht dann so aus d’r Gosch?“ Die Handvoll Zuschauer, darunter eine Greisin, mit Zügen so zart wie aus Reispapier gefaltet, lachen auf. „D’r Ulm’r isch ebbe derb“, zirpt sie, erntet zustimmendes Raunen und hebt stolz das spitze Kinn.

„Schwabenzirkus“ heißt die Posse, die das Theater in der Westentasche auf der bettlakengroßen Freilichtbühne aufführt. Auch Saal und Bühne des 1973 eröffneten Haupthauses am Ulmer Münster messen nur 87 Quadratmeter, laut Eigenwerbung das kleinste Theater Deutschlands. Aber was für eins: Immerhin inszenierte hier schon Ephraim Kishon, und sogar die Unesco wurde auf Dentlers Bühne aufmerksam: 2005 nahmen die Pariser die Ulmer in ihr Projekt „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ auf.

polis