Komponist Marios Joannou Elia im Gespräch

Komponist Marios Joannou Elia im Gespräch

Am 29. und 30. Mai 2015 wartet ein absolutes Highlight auf die Ulmerinnen und Ulmer. Der Münsterplatz wird Schauplatz des „Ulmer Oratoriums“. Ein Werk, das eigens für die Jubiläumsfeierlichkeiten von Marios Joannou Elia komponiert wird. Einen kleinen Einblick, was die Zuschauer in knapp einem Jahr erwarten wird, gab der Komponist in einem Interview, das während eines mehrtägigen Besuchs Elias in Ulm entstand.

Ein musikalisches Werk für eine Stadt oder für ein Bauwerk zu schreiben ist sicher eine große Herausforderung. Wie geht man so ein Projekt an?

Elia: Indem man ein Gefühl für die Gegebenheiten entwickelt. Ich beschäftige mich natürlich mit der Geschichte Ulms und des Ulmer Münsters, lese viel. Aber ohne eine persönliche Erfahrung, wie jetzt während meines Besuchs, wäre mir eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Thema nicht möglich.

Muss man das Münster sehen, um es in Musik ausdrücken zu können?

Es geht nicht nur um das Münster. Natürlich ist diese Kirche ein monumentales, beeindruckendes Bauwerk. Viel wichtiger ist aber, welche Bedeutung es für die Menschen vor Ort hat. Diese emotionalen Zusammenhänge auszudrücken, ist mein Anspruch. Und dafür ist es natürlich unerlässlich, mich, zumindest für kurze Zeit, als Teil in der Ulmer Gesellschaft zu bewegen.

Können Sie das genauer erklären?

Das Münster ist identitätsstiftend. Über verschiedene Generationen, Nationalitäten oder Glaubensrichtungen hinweg. Das haben alle Gespräche, die ich hier mit den Menschen geführt habe, gezeigt. Die Ulmer sind stolz auf ihr Münster, obwohl es die wenigsten wirklich kennen.

Wie das?

Natürlich hat wahrscheinlich jeder Bürger und jede Bürgerin das Münster schon einmal gesehen – von außen. Ich empfehle aber einen ausgedehnten Blick ins Innere. Dort befindet sich ein wahrer Kunstschatz. Exzellenz künstlerischen Schaffens, die zumindest in mir Ehrfurcht hervorruft.

Was hat Sie besonders beeindruckt?

Oh, da gibt es vieles! Ganz wunderbar fand ich die Büste von Pythagoras. Ich bewundere ihn und habe mir vor allem seinen Satz vom Gleichgewicht der Kräfte zu eigen gemacht – übertragen auf die Musik. Ihn jetzt im Ulmer Münster zu sehen, war Überraschung und Freude zugleich.

Was dürfen die Zuschauer denn im nächsten Jahr erwarten?

Mir war schnell klar, dass angesichts der Entstehungsgeschichte des Münsters als Bürgerkirche, nur ein partizipatorischer Ansatz in Frage kommen kann. Es werden deshalb einige Hundert Bürgerinnen und Bürger Ulms an den Aufführungen teilnehmen.

Und inhaltlich?

Ich hatte eingangs erwähnt, welch große Bedeutung das Münster für die Stadt und für die hier lebenden Menschen hat. Das Stück könnte eine Art „Roller-Coaster“ werden, eine emotionale Achterbahnfahrt. Wie wäre es, wenn das Münster nicht mehr da wäre? Dieses Szenario werde ich musikalisch entwerfen – um letztlich das Verbindende und Identitätsstiftende herauszuarbeiten.

Was erwartet uns musikalisch?

Es wird klassische Musik zu hören sein, wenngleich ich das Spektrum der Klänge deutlich weiter fasse als das, was man gemeinhin unter klassischer Musik versteht.

polis