Migrantenvereine

Da den Ausländern die politische Gleichberechtigung und soziale Chancengleichheit vorenthalten blieb, bildeten und bilden sich eigene ethnische Vereine und Initiativen. Ausländervereine waren und sind die nächsten Ansprechpartner, ja sogar das Rückgrat der ausländischen Bevölkerung und haben im Gegensatz zu den traditionellen deutschen Vereinen eine ganz andere Aufgabenstellung in der Gesellschaft. In einer langen unermüdlichen Arbeit wurde der Politik der Ausgrenzung entgegengewirkt. Ohne sie wäre das heutige multikulturelle Leben undenkbar.

Ihre Kleinarbeit bestand darin, anstehende Probleme im Alltag zu bewältigen, für gegenseitiges Verständnis zu werben, das Fremde für Deutsche wie für Ausländer heimisch werden zu lassen. Die meisten Vereine haben eine mehrfunktionale Bedeutung, sie erfüllen Kommunikations-, Informations- und Beratungsfunktionen, vielfach aber auch konkrete Selbsthilfe- und Brückenfunktionen gegenüber der deutschen Gesellschaft. Sie sind zwar auch nationalitätenspezifische Kulturvereine, aber nicht im einfachen Folkloresinn, sondern als Heimat in der Fremde, wo man Landsleute trifft, gemeinsame Freizeitgestaltung betreibt, Traditionen pflegt, Informationen über das Herkunftsland und das Leben in Deutschland austauscht, diskutiert, sich berät und gegenseitige Unterstützung organisiert.

Die Kommunalpolitik sollte diese Vereine stärker wahrnehmen, stärker fördern, stärker beteiligen und die Zusammenarbeit mit ihnen aktiv suchen. Weiterhin muß die Entwicklung des Kulturträgernetzwerkes forciert werden, um für deutsche und nicht-deutsche Kulturvereine eine Kommunikationsebene zu schaffen. Die Stadt und deren Vertreter, die Politiker, wie auch die Ulmer Kulturmacher, sollten die Kontakte zu örtlichen Ausländervereinen nicht nur dann suchen, wenn sie die Vereine als Multiplikatoren zur Belebung von Festen und Veranstaltungen oder zur symbolischen Demonstration einer ausländerfreundlichen Einstellung benötigen. Die Kommunalpolitik und alle mit Ausländerbelangen befaßten Institutionen sollten einfach den Stellenwert erkennen und die Eigenpotentiale dieser Vereine fordern und fördern. Die ausländischen Vereine ihrerseits müssen konkrete lokale Vorschläge und Interessen formulieren und einige von ihnen sollten sich ihres Selbstmitleids, ihren Selbstzweifeln und ihres introvertierten Vereinslebens entsagen. Selbstverständlich ersetzt die Förderung und Beteiligung der Migrantenvereine andere Formen und Maßnahmen zur besseren Mitwirkung der Ausländer an den kommunalen Entscheidungsprozessen nicht, deshalb ist eine aktive Beteiligung der ausländischen Bevölkerung in der kommunalen Politik notwendig.

kassandra