Multikulturelle Kommunalpolitik

Zur Zeit leben über sieben Mio. Ausländer in Deutschland, die große Mehrheit in großen Städten und Ballungsräumen. In Ulm sind es 19.806 Ausländer aus 127 Nationen (Einwohner gesamt: 114.878, Stand 30.09.02, Fortschreibung der Stadt Ulm). Die größten Bevölkerungsgruppen sind aus der Türkei (5.956), Rest-Jugoslawien (2.067), Italien (2.204), Bosnien (1.550), Kroatien (1.135), Griechenland (603), Portugal (306), Polen (306) und Spanien (253).

Das Gelingen der sozialen Integration und des multikulturellen Neben- und Miteinanders entscheidet sich in der Kommune. Deshalb sollte die sozialpolitische Aufgabe einer Stadt darin bestehen, ihre Ressourcen sozial und räumlich so einzusetzen, dass alle Gruppen der Stadtbevölkerung, die von sozialer und politischer Ausgrenzung bedroht und betroffen sind, annähernd gleiche Lebenschancen erhalten.

Die Integration von Ausländern darf nicht eine einseitige Anpassung an die Lebensweisen und kulturellen Orientierungen der etablierten Mehrheit bedeuten, sondern es muß ein gegenseitiger Prozeß sein, der auf Kommunikation, gegenseitigem Erkennen und Anerkennen, sowie auf Toleranz gegenüber dem Anderen beruht. Sie muß einen wechselseitigen Lernprozeß beinhalten, der die Eigenheiten und kulturellen Identitäten der Einwanderer und der Einheimischen respektiert, toleriert und als Bereicherung der pluralen Gesellschaft anerkennt. Das Ergebnis vom Prozeß des Kennenlernens und Näherkommens würde neue Normen und neue Erkenntnisse über Gemeinsames und Unterschiedliches auf der Basis von Toleranz schaffen. Das jeweils Besondere und das Neue muß schließlich in der Kommunalpolitik und in der Gesellschaft ebenso eine Chance haben wie die Sicherung gemeinsamer und für alle gültige Grundverhältnisse. Weiterhin begründet sich eine Notwendigkeit der politischen Beteiligung der Ausländer an kommunalen Entscheidungsprozessen vor allem auch mit ihrem Beitrag zum städtischen Leben und Wohlstand und der Verantwortung der Stadt gegenüber allen Einwohnern. Die Ausländer sind ein relevanter und fester Bestandteil unserer Gesellschaft und daher sind sie von allen kommunalpolitischen Angelegenheiten und Entscheidungen genauso wie deutsche Bürger betroffen.

Eine Stadt spürt und kennt die sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Unterschiede und Spannungen am konkretesten. Die Konflikte der multikulturellen Gesellschaft spielen sich vor Ort ab, sie kommen aus der Mitte der Gesellschaft und der Politik. Die Stadt und ihre Organe, die deutsche und nicht-deutsche Bürgerschaft müssen in der Politik und im Alltag, Umdenkungsprozesse einleiten und durchwandern, die zu einer solidarischen Politikkultur und interkulturellen Gesellschaft führen. Auf der kommunalen Ebene bestehen Gestaltungsspielräume, es können Prozeßentwicklungen berücksichtigt werden und es werden Entscheidungen getroffen, die entweder zu einem solidarischen oder zu einem zusätzlich spaltenden Klima führen.

kassandra