Giannopoulos kritisiert SPD-Spitze

Heftige Klage über den Verlust der Werte. Die Ulmer SPD leidet. Zum Abschied aus seinem Amt als Vorsitzender zog Georgios Giannopoulos kritisch Bilanz: Die Partei habe in der Regierung Schrammen erlitten.

Die Nabelschau zum Abschied aus dem Amt des Vorsitzenden fiel schmerzhaft aus. Georgios Giannopoulos stellte in seiner Bilanz über die vergangenen zwei Jahre an der Spitze des SPD-Kreisverbands Ulm der Bundespartei und den Regierungsmitgliedern der Sozialdemokraten ein schlechtes Zeugnis aus. Die SPD sei der große Verlierer der Koalition in Berlin. Keiner wisse mehr, wofür die Partei steht, weil sie dem Koalitionsfrieden alles unterordne. Für diese Analyse erhielt Giannopoulos in der Mitgliederversammlung viel Applaus.

Es ist die Kluft zwischen privilegierten und randständigen Schichten, es sind die Ungleichgewichte bei den sozialen Chancen und der gesellschaftlichen Teilhabe, die die Bürger dazu bringt, den Wahlurnen fern zu bleiben und das Parteibuch abzugeben, stellte der Vorsitzende fest. Die Einigkeit in den Reihen der Großen Koalition bestehe scheinbar nur im Sozialabbau: „Rente mit 67, Erhöhung der Mehrwertsteuer, gekürzte Pendlerpauschale, missglückte Gesundheitsreform . . .“ Die Aussage des Arbeitsministers Franz Müntefering (SPD), es sei unfair, dass sie von allen Seiten an dem gemessen würden, was in den Wahlkämpfen gesagt wurde, sei eine politische Bankrotterklärung. Manchen Politikern von heute reiche es offenkundig, dass sie in Ruhe durchbilanzieren können und wissen, wer vor ihnen steht und wer von hinten drängt. Es traue sich kaum mehr einer aus der Deckung, weil sie intern unfaire Angriffe befürchteten. Die Regierungskoalition implodiere im Zeitlupentempo, und letztlich leide darunter fast nur die SPD.

Giannopoulos rief dazu auf, zu sozialdemokratischen Positionen zurückzukehren, „das Herumlavieren muss ein Ende haben“. Die Bestrebungen, einen überwachungsstaat á la Schäuble zu schaffen, dürften nicht weiter verfolgt werden. Statt Niedriglöhnen brauche die Gesellschaft Mindestlöhne.

Er forderte dazu auf, die Partei von den Kreisverbänden und Ortsverbänden her zu erneuern. „Wenn wir es schaffen, Menschen für Politik zu begeistern, wenn wir ihnen die Möglichkeit geben mitzugestalten, und wenn wir den Mut haben, die Dinge beim Namen zu nennen, dann wird die Sozialdemokratie wieder relevant für die Bürger als das, was sie sein sollte: ein Anwalt der Menschen.“

polis