Wie Ulmer Fraktionen zur Digitalisierung stehen

Von Breitbandausbau bis zum „Masterplan mit ganzheitlicher Strategie“: Was sich Ulmer Fraktionen von der Bundesregierung wünschen.

Das ist schon ein Sternchenthema.“ Sagt Thomas Kienle, Fraktionsvorsitzender der CDU, und meint die Digitalisierung. Immer wieder ist sie Thema im Wahlkampf, vergangene Woche hatte die SÜDWEST PRESSE die örtlichen Bundestagskandidaten im großen Wahlforum im Stadthaus nach ihren Positionen dazu befragt (wir berichteten). Doch welche Herausforderungen sehen die Fraktionen im Gemeinderat in der Digitalisierung, jenem Lieblingsthema von Oberbürgermeister Gunter Czisch – und was erwarten sie in dieser Hinsicht von der neuen Bundesregierung?

Wettbewerbsfähig bleiben

„Wir brauchen optimale Netzabdeckung und Glasfaserversorgung“, sagt Kienle auf Anfrage dieser Zeitung. „Das sind die dicken Knochen. Sonst kann das mit der Digitalisierung nichts werden.“ Außerdem wünsche sich die CDU weiterhin, dass Ulm Testregion fürs autonome Fahren wird sowie weitere Lehrstühle für den Exzellenz-Cluster der Uni.

Für Entwicklungen wie Telemedizin brauche es eine entsprechende Sicherheitsinfrastruktur. „Angriffe sollten in der Region erfasst und von staatlicher Seite verfolgt werden.“ Kienle weist darauf hin, dass die Digitalisierung seiner Ansicht nach ein Hilfsmittel sei, um wettbewerbsfähig zu bleiben – „aber kein Allheilmittel“. Eine verlässliche analoge Struktur bleibe deshalb weiterhin wichtig.

Für die SPD kritisieren die Fraktionsvorsitzende Dorothee Kühne und Stadtrat Georgius Giannopolous das Kompetenzgerangel zwischen Bund und Ländern bei digitalen Themen in den Schulen sowie den insgesamt schleppenden Ausbau von Breitband und Glasfaser. Sie fordern eine politisch-gesellschaftliche Debatte der Mensch-Maschine-Dimension mit Chancen und Risiken. Außerdem wünschen sie sich einen gesetzlichen Anspruch auf einen Heimarbeitsplatz. Für Ulm wollen Kühne und Giannopolous einen „Masterplan Digitale Agenda mit ganzheitlicher Strategie zur digitalen Transformation“: Behördengänge müssen auch digital gemacht werden können, Kinder in Schulen das „nötige Rüstzeug“ für die Digitalisierung bekommen und die Kommune soll Garant für Datenschutz und -sicherheit sein.

Michael Joukov (Grüne) kritisiert Alexander Dobrindt. Der führe zwar den Titel Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur, habe sich aber kaum um etwas gekümmert. „Wir haben immer noch große Bereiche in Baden-Württemberg, die vom Breitband abgeschnitten sind.“ In der Region dürfe es keine „weißen Flecken“ in der Infrastruktur mehr geben. Wichtig sei aber auch, alle mitzunehmen und dafür zu sorgen, „dass analoge Angebote wie die Ding-Card aufrecht erhalten werden.“ Im Oberzentrum Ulm könnten viele Verwaltungsabläufe verbessert werden: „Es kann viel mehr ohne persönliches Erscheinen erledigt werden, als es bisher der Fall ist.“ Auch stehe die Stadt vor der Herausforderung, Bildung so zu gestalten, dass Kinder frühzeitig lernen, souverän mit digitalen Technologien umzugehen.

Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Erik Wischmann, kritisiert die Politik der Bundesregierung: „Es wurde weder die notwendige Unterstützung durch konsequenten Ausbau der Breitbandversorgung noch die Anpassung von Gesetzen an die neuen Möglichkeiten geleistet.“ Gerade für die Region Ulm mit ihrer Vielzahl von Technologie-Unternehmen und Forschungseinrichtungen sei eine moderne und flächendeckende digitale Infrastruktur unabdingbar. Wischmann erwärmt sich für ein neu zu schaffendes Digitalministerium: „Das könnte verhindern, dass das Thema im Kompetenzgerangel der anderen Ministerien unter den Tisch fällt.“

Die Digitalisierung ist zwar nicht ihr Lieblingsthema, aber auch Helga Malischewski von der FWG findet: „Wir brauchen schnelles Internet vor allem für die Wirtschaft, das ist das Wichtigste.“ Das gelte auch für die Ortschaften rund um Ulm, „wo es ja überall große Firmen gibt.“ Malischewski sieht die kleinen Geschäfte in der Innenstadt vom Internethandel bedroht. „Aber ich weiß nicht, ob die Bundesregierung da eingreifen könnte, das ist die Marktwirtschaft.“ Außerdem stehe bei ihr die Sicherheit an oberster Stelle: „Wenn man liest, dass die Bundestagswahl noch manipuliert werden könnte …“

polis