Geistig mobilisieren – das Kulturforum

Kulturpolitik ohne Gesprächskultur – undenkbar. Nun gibt es auf Anregung von OB Gönner ein weiteres Gremium: das Kulturforum. Darin sitzen viele der üblichen Verdächtigen und ein paar externe Berater.

Der Fachbereichsausschuss Kultur, der Arbeitskreis Kultur, die Treffen der städtischen Kultur-Abteilungsleiter, dazu die diversen Runden von Kulturschaffenden – es ist nicht so, dass es in Ulm zu wenige Gremien in Sachen Kultur gibt. „Ooooh, es gibt so viele“, meint dazu auch Oberbürgermeister Ivo Gönner. Doch gibt es nun ein Gremium mehr, und Gönner hat es selbst angeregt: das Kulturforum.

Der OB spricht von „einem Versuch, etwas geistig zu mobilisieren“ – das schadet ja selten. Man soll sich abarbeiten an der Zielsetzung, die unter dem Slogan „Ulm, Kulturstadt an der Donau“ seit geraumer Zeit im Raum steht.

Es gehe nicht darum, „Wolken zu schieben oder Dinge schönzureden“, erklärt Gönner, sondern darum, „Potenziale zu finden“. Also: Welche Themen (etwa Architektur, Theater, HfG, „Donauprozess“) haben genügend Potenzial, um Ulm überregional als Kulturstadt zu profilieren?

Am Mittwoch war jetzt die erste Sitzung, unter Gönners Federführung. Und was ist Kulturbürgermeisterin Sabine Mayer-Dölles Rolle – wird Kultur Chefsache? „Überhaupt nicht“, betont Gönner. Beim Kulturforum handle es sich um ein zeitlich befristetes Beratergremium, das zwei-, maximal dreimal jährlich Ideen sammelt und diskutiert. Schon gar nicht sei es ein Organ zum Verteilen von Geld.

Doch wer sitzt in dem Forum? Neben Gönner, Mayer-Dölle und Kulturhauptamtsleiterin Iris Mann sind es Vertreter der Fraktionen (Georghios Giannopoulos SPD, Dr. Thomas Kienle CDU, Ralf Milde FWD, Ute Lambrcht GRÜNE), Mitglieder des Arbeitskreises Kultur (Dagmar Engels von der vh, Thomas Rothacker vom Roxy), Peter Langer (Donaubüro); mit dabei sind auch die Hochschulen in Gestalt der Professoren Lothar Kinzl (Universität) und Ewo Dieterich (Hochschule Ulm), ebenso der Unternehmer und Kunstsammler Friedrich Rentschler. Weiterer externer Sachverstand wird beigesteuert von Prof. Werner Heinrichs (Rektor der Musikhochschule Stuttgart) und Ulrich Fuchs, Projektleiter der Kulturhauptstadt Linz 2009. Ein Schalk, wer da an die eventuelle Bewerbung Ulms als Europäische Kulturhauptstadt 2020 denkt?

„Es sind bewusst Leute im Forum, die mit einem anderen Blick draufschauen“, sagt Iris Mann. Freilich ließen sich Heinrichs und Fuchs zur ersten Sitzung gleich mal entschuldigen.

Profilbildung, Schwerpunktthemen, Leuchtturmveranstaltungen, Stärkenforcierung – solche Worte finden sich in den Konzeptpapieren der Verwaltung zuhauf. Was soll das Forum denn konkret leisten? Ganz konkret eben erstmal nichts. „Es ist reizvoll, mal ein bisschen rumzuspinnen“, sagt Iris Mann. Erst in späteren Etappen werden die „Potenziale überprüft“, sagt Gönner und kündigt an: „Dann legen wir strenge Maßstäbe an.“

Vorerst finden sich im Diskussionspapier fürs Kulturforum Ideen wie ein spartenübergreifendes Themenfestival, eine Kompakt-Akademie „Kulturmanagement für ,young professionals aus Südosteuropa“, ein „Einsteinzentrum für Naturwissenschaft, Technik und Kreativität“, Musiknächte in der Friedrichsau und Ausstellungsprojekte zur Eiszeitkunst. Auch soll der A-cappella-Award alle zwei Jahre in Ulm vergeben werden. Fürwahr ein buntes Sammelsurium von Ideen.

Doch angesichts der vielen anstehenden Jubiläen (200 Jahre Berblingers Flugversuch, 300 Jahre Schwabenzüge auf der Donau) stellt sich die Frage, ob der Fokus nicht doch eher auf der Rückschau liegt. Iris Mann winkt ab: „Es geht nicht darum, Wallfahrtstätten für Gewesenes zu errichten. Wir betrachten die Jubiläen als Aufhänger für Vorhaben, die nach vorn blicken.“

Das kommt bei allen Forumsteilnehmern gut an und unterm Strich waren die Teilnehmer begeistert, sagt Gönner, im Juli trifft sich das Forum wieder. Das freie, ungebundene Ideensammeln tut den Kulturmachern vielleicht auch mal gut. „Wir haben genug mit unserem Schwarzbrot zu kämpfen“, sagt Iris Mann, „die Butter ist noch weit weg.“

polis