Bloß nicht rauswerfen!

Die Idee eines Ausschlusses aus der Währungsunion basiert auch auf irregeleiteter Theorie. Die Gegner der Währungsunion haben immer den Ökonomielehrbüchern geglaubt, man brauche den Wechselkurs, um eine Währung abwerten zu können. Nur: die Erfahrung der 1970er, 80er und 90er Jahre hat gezeigt, dass dies im europäischen Binnenmarkt nicht funktioniert. Die einzelnen Währungsräume sind zu klein, verursachen hohe Kosten und bei einer Abwertung wird die Inflation durch hohe Importpreise nach oben getrieben. Der kurzfristige Wettbewerbsgewinn wird schnell durch monetäre Instabilität wieder zunichte gemacht. Dies war genau der Punkt, warum der europäische Binnenmarkt eine stabile Gemeinschaftswährung braucht. Hinzu kommt die Tatsache, dass griechische Schulden in Euro denominiert sind, so dass der Schuldenberg nach einer Abwertung noch belastender würde.

Wer heute den Austritt Griechenlands fordert, schadet nicht nur deutschen Interessen, er hat auch nicht verstanden, wie der Euro funktioniert. Eine Währungsunion ist kein Currency Board, in dem Wechselkurse unwiderruflich fixiert werden. Sie ist vielmehr ein einheitlicher Währungsraum, der sich dadurch definiert, dass alle gebietsansässigen Geschäftsbanken sich zu gleichen Bedingungen und unbegrenzt bei der Zentralbank mit Liquidität versorgen können. Mit anderen Worten, Länder haben keine eigenen Währungsreserven mehr, da die Währungsreserven für die gesamte Eurozone von der EZB verwaltet werden. Da Gerede vom griechischen Bankrott ist deshalb falsch: nicht Griechenland kann seine Schulden eventuell nicht mehr bezahlen, sondern die griechische Regierung, sprich die hellenische Republik. Der Staat ist aber nicht das Land. Es gibt zahlreiche Firmen und Banken in Griechen, die profitabel, solvent und liquide sind.

Die griechische Regierung ist darauf angewiesen, dass diese Unternehmen das Wirtschaftswachstum schaffen, aus dem zukünftige Steuern bezahlt werden. Ein Ausscheiden aus der Eurozone würde der Privatwirtschaft den Boden unter den Füssen entziehen, da das gesamt Land plötzlich wieder unter schwacher Währung und Devisenknappheit leiden würde. Es ist mir ein Rätsel, wie deutsche Ordnungspolitiker sich für Währungsstabilität stark machen kann und gleichzeitig Griechenland in den Abgrund stoßen wollen.

Sicher, die griechische Krise gefährdet die Stabilität des Euro. Viele Investoren in den USA, in China und Japan, haben das Vertrauen in die Fähigkeit der Europäer verloren, ihre Währung optimal zu verwalten. Die Debatten in Deutschland werden in New York, Beijing und Tokyo genau verfolgt und man sieht, dass die Deutschen mit dem Feuerspielen. Die Bundesregierung beschuldigt „die Griechen“ der Brandstiftung am europäischen Haus, versperrt der Feuerwehr aber den Weg. Außerhalb Europas kennt man Obama und die Amerikanische Verfassung, aber dem Flohzirkus von Merkel, Sarkozy, Barosso, Van Rompuy, Trichet etc. vertraut niemand.

Diese Krise zeigt uns eins: Ohne eine echte politische Union wird Europa nicht überleben. Das „Prinzip der Eigenverantwortung der Mitglieder der Eurozone“ ist die Lebenslüge konservativer Politiker in Deutschland. Europa braucht vielmehr eine demokratische Regierung, die die Interessen aller Bürger gegen die Dummheit und Einzelinteressen nationaler Regierungen verteidigt.

kassandra