Kinder- und Zeitbeerfest im Klosterhof Söflingen

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Die Söflinger im Wetterglück: Beim Kinder- und Zeitbeerfest blieb es weitgehend trocken. Der Vorstadtverein fordert die Sanierung der Meinloh-Halle.

Die Söflinger haben bei den Festen auf dem Klosterhof wegen der benachbarten Kirche Mariä Himmelfahrt einen direkten Draht nach oben und daher meist gutes Wetter. So jedenfalls lautete am Samstag die Einschätzung von Hans-Dieter Eibelshäuser vom Vorstadtverein. Der Dachverein für 27 Vereine hatte den Söflinger Sommer im neuen Format an zwei Wochenenden zum zweiten Mal ausgerichtet. Nur zum Auftakt beim Kinderfest regnete es mal kurz.

Vor allem das Zeitbeefest am Abend blieb dann trocken, so dass es sich nach Zählung der Organisatoren 1800 Gäste auf den Bierbänken im Klosterhof gemütlich machten. Der MV Eggingen spielte dabei sogar ein bisschen Rock und Blues und legte ein Schlagzeugsolo ein, so dass alle Generationen auf ihre Kosten kamen. Der süffige Zeitbeerwein fand gleichzeitig reißenden Absatz.

Das Zeitbeerfest steht traditionell unter der Regie des Liederkranzes, betonten Eibelshäuser und sein Mitstreiter und SPD-Stadtrat Georgios Giannopoulos. Der Vorstadtverein sehe es aber als Aufgabe an, die Einzelvereine, in denen es nicht immer ausreichend Nachwuchs gebe, auch mit Manpower zu unterstützen.

Die Macher vom Vorstadtverein betrachten es als Vorteil, dass die Meinloh-Halle nun wieder als Rückzugsraum bei schlechtem Wetter zur Verfügung steht. Beim Kinderfest war dort eine Hüpfburg aufgebaut, außerdem gab es Kaffee und Kuchen. Die zuvor einquartierten Flüchtlinge sind bereits Ende Mai ausgezogen.

Aus Sicht des Vereins ist die Renovierung der Meinloh-Halle inzwischen überfällig. Eibelshäuser: „Unser nächstes Ziel ist die umfassende Sanierung der Halle.“ Dabei könne es keinesfalls sein, dass lediglich der Holzboden der auch für den Schulsport verwendeten Halle hergerichtet wird. Ein Gutachter, der zudem über einen Handwerksbetrieb verfügt, habe dies abgelehnt: Da könne nur Pfusch dabei herauskommen. Außerdem seien Sanitärleitungen nicht ausreichend dimensioniert.

Am Samstag trat dies in den Hintergrund, weil viele Kinder auf dem Forum und in der Halle ihren Spaß hatten. Die Jugendfeuerwehr führte Feuerwehrautos vor und sorgte dafür, dass die Zirkusschule Harlekin aus Treffensbuch in Aktion treten konnte: indem ein rotes Vertikalband hochgezogen wurde. Daran zeigten die Mädchen im Alter von 10 bis 14 Jahren ihre Kunststücke. Es gab auch einen Bobbycar-Parcours, bei Zielübungen mit der Feuerwehrspritze herrschte großer Andrang.

Auf dem Klosterhof wurde ansonsten wieder eine große gastronomische Bandbreite von Crepes bis zur Feuerwurst geboten. Ebenfalls im Einsatz: die Kronenbrauerei.

Digitale Stadt: Neue Töne im Rathaus

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Die Digitalisierung und die digitale Stadt dürfen nicht nur im Rahmen von technischen Ideen und Umsetzungen betrachtet werden. Ein Überbau, eine Meta-Ebene, mit einer soziologisch-philosophischen Brille ist notwendig. Die Mensch-Maschine mit Chancen, Risiken und Nebenwirkungen braucht eine gesellschaftliche Debatte, auch in und mit der Kommune, die Anbieter ist.

Leitartikel zum Thema digitale Stadt: Neue Töne im Rathaus

Im Ulmer Rathaus ist unter OB Gunter Czisch die Digitalisierungseuphorie ausgebrochen. Die Stadt geht bei aller Kritik an Details den richtigen Weg. Ein Leitartikel von Lokalchef Hans-Uli Thierer.

Erik Wischmann ist einer der wachen Köpfe im Ulmer Gemeinderat. Siehe diese Woche, als neue, andere Töne zu vernehmen waren. Der unter Oberbürgermeister Gunter Czisch nun auch öffentlich ausgebrochenen Digitalisierungseuphorie – als Kämmerer agierte Czisch auf diesem Feld zwar auch schon entschlossen, jedoch eher im stillen Kämmerlein – begegnete der FDP-Stadtrat zusammen mit anderen Cracks auf diesem Gebiet wie Georgios Giannopoulos (SPD) oder Richard Böker (Grüne) mit kritischen  Bemerkungen.

Etwa jener, dass bei aller Notwendigkeit, in die Digitalisierung Geld und Zeit zu stecken und Hirnschmalz zu investieren, Safety und Security nicht unter die Räder geraten dürfen. Mithin beide Seiten des Sicherheitsaspekts: Jener des Datenschutzes, was heißt, dass mit dem Schatz aller bei der Stadt gespeicherten Informationen über ihre Bürger höchst sensibel und penibel umzugehen ist. Neben diesem virtuellen Schutz der Ulmer  galt die Bemerkung aber auch dem ganz praktischen, dem althergebrachten Sicherheitsaspekt.

Wischmann driftete dabei mal kurz ab in die weitere digitale Zukunft, ins Zeitalter des autonomen Fahrens. Dieser Begriff begegnet uns inzwischen zwar täglich, er ist medial hautnah. Andererseits ist das autonome Fahren uns noch so fern, weil den meisten das Vorstellungsvermögen fehlt, was Autos eines  schönen Tages ohne unser Zutun alles leisten können (sollen). Wischmann zeichnete also das Bild autonom  durch Ulm kurvender Autos. Und plötzlich fällt in der ganzen Stadt das Ampelsystem aus. Rauschen jetzt alle nicht von Menschenhand gelenkten Fahrzeuge ineinander?

Dieses griffige Beispiel lenkt den Blick auf einen der Kernstreitpunkte über den digitalen Wandel, der in Zukunft Debatten im Rathaus bestimmen wird.  Es ist die Auseinandersetzung  zwischen Skeptikern und  Visionären. Wobei man im Ulmer Gemeinderat  gerade in dieser Woche den Eindruck gewinnen konnte, dass viele Stadträte sich bemühen, die Balance zwischen beidem zu finden. Sie erkennen, dass es keine Alternative  zu finanzieller und geistiger  Investition in die Prozesse der Digitalisierung gibt. Sie möchten sich aber auch nicht ausliefern einer mittlerweile existierenden Industrie von Zukunftserklärern und Heilsverkündern.

Daran also ändert auch das digitale Zeitalter  nichts: Dass wie noch bei jedem tiefgreifenden technologischen oder gesellschaftlichen Wandel die Pessimisten auf die Optimisten treffen. Der Digitalisierungs-Pessimist zeichnet das Bild des total überwachten, kontrollierten Menschen, beherrscht von einer digitalen Diktatur. Der Optimist begegnet  diesem trostlosen Ende der Freiheit mit den hinter dem technologischen  Quantensprung steckenden Chancen. Endlich bekommen, zumindest theoretisch,  alle Menschen ein Instrument zur Hand, das ihnen Zugang zu Wissen, Bildung, Beteiligung ermöglicht.

Wie soll nun ein Stadtrat mit diesem Zwiespalt  umgehen? Am besten so wie am Mittwoch. Die Digitalisierung ist nicht aufzuhalten, wer sie abwehren möchte, wird unter ihre Räder geraten. Es ist besser, Wege auszukundschaften, Mittel und Methoden zu  finden, um die Digitalisierung der Stadtgesellschaft zu gestalten, als von ihr gestaltet zu werden. Was dabei hilft? Vielleicht eine uralte Tugend: der kluge Menschenverstand. Ihn wird auch die Digitaliserung nicht beseitigen.

Albert Einstein präsentieren

Albert Einstein präsentieren

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Albert Einstein wird an einigen Stellen in der Stadt gewürdigt, aber nach Ansicht der SPD-Fraktion nicht ausreichend und umfassend. Für unsere Stadt liegt hier noch einiges an Potential brach, um sich darzustellen. Wir schrieben deswegen an den OB:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

der berühmteste Sohn unserer Stadt ist sicher Albert Einstein. Auch wenn er nur die ersten 15 Monate seines Lebens hier verbrachte, schrieb er 1929: „Die Stadt der Geburt hängt dem Leben als etwas ebenso Einzigartiges an wie die Herkunft von der leiblichen Mutter“.

Viele Menschen besuchen unsere Stadt auch auf den Spuren von Albert Einstein. So suchen sie etwa gezielt den etwas abseits liegenden Brunnen am Zeughaus auf. Wir sind der Meinung, dass Ulm bei der Würdigung Einsteins noch mehr Potential ausschöpfen und die „Marke Einstein“ als Standortfaktor ausbauen könnte.

Daher stellen wir folgende Anträge:

  • Das Stadtarchiv wird mit der Entwicklung eines Konzepts beauftragt. Für dessen Umsetzung ist ein gesondertes Budget erforderlich.
  • Zum 100. Jahrestag der allgemeinen Relativitätstheorie entwickelte die Universität Tübingen die sehenswerte, interaktive Ausstellung „Einstein inside“. Diese könnte ohne größeren Aufwand auch in Ulm gezeigt werden. Sie richtet sich nicht nur an ein Fachpublikum, sondern an alle interessierten Bürger, insbesondere auch an Schulklassen.
  • Wir bitten darum, diese Ausstellung nach Ulm zu holen. Der Gewölbesaal des Schwörhauses wäre ein geeigneter Raum.
  • Unabhängig davon bitten wir, zu prüfen, inwieweit eine Dauerausstellung über Albert Einstein und seine wissenschaftliche Arbeit in Ulm realisiert werden kann.
  • Die Türschwelle des Geburtshauses befindet sich nach unseren Informationen im Besitz der Nachfahren von Max Bill. Wir bitten Sie, die Möglichkeiten auszuloten, wie dieses Relikt wieder nach Ulm geholt werden könnte.

Um die Grundmauern des Geburtshauses von Albert Einstein in der Bahnhofstraße für die Nachwelt erlebbar zu machen, haben wir einen Brief an DC Commercial geschrieben, den wir Ihnen zur Kenntnis bereits übersandten.

Der gesammelte Einstein

Der gesammelte Einstein

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Was auch immer diese ominösen Gravitationswellen im Kosmos so alles auslösen – die Welt ist bewegt und feiert mal wieder Albert Einstein.

Der berühmteste Ulmer hatte im März 1916, also vor bald 100 Jahren, in der Fachzeitschrift „Annalen der Physik“ den Artikel „Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie“ veröffentlicht – und jetzt bestätigten Astrophysiker seine Vorhersagen. Diese besagten Wellen entstehen, wenn große Objekte beschleunigt werden: Ja, auch Einstein, das Jahrhundertgenie, 1879 in der Bahnhofstraße geboren, hat große Spuren hinterlassen und befeuert das Geschäft mit antiquarischen Büchern, Autographen, Briefen, Grafik und ähnlichen Sammlerobjekten.

einstein abebooks.deDer Internetmarktplatz AbeBooks.de etwa bietet derzeit rund 28.000 (!) Stücke von Buchverkäufern aus Deutschland und vielen anderen Ländern von und über Albert Einstein an. Da kostet der Gelatinesilberabzug eines Fotos von Lotte Jacobi, die den urlaubenden Denker im Segelboot ablichtete, samt herzlichem Postkartengruß schlappe 380 Euro. Eine von Einstein signierte Lithografie, die Eugene Spiro zeichnete, ist für 1200 Euro zu haben. Wer jedoch einen Brief Einsteins aus dem Jahre 1932 an seinen Sohn über den Sinn des Lebens erwerben möchte, muss 44.000 Euro hinblättern. Ganz zu schweigen von einer Sammlung von Briefen Einsteins an seinen Kollegen Nathan Rosen, den Mitentdecker der so genannten Wurmlöcher in der Physik: 330.000 Euro.

„Einstein war kein Einsiedler. Er reiste und publizierte viel und war so schon zu Lebzeiten eine Person des öffentlichen Interesses“, sagt Thomas Nicol, Marketing-Chef von AbeBooks.de über die große Nachfrage: „Er wurde oft fotografiert, gab viele Interviews und war Gegenstand von gesellschaftlichen Diskursen.“ Wenn der Laie also schon nicht die Relativitätstheorie versteht, ob speziell oder allgemein, so kann er sich doch das Ganze wertvoll in Buchform aneignen: etwa die handsignierte US-Erstausgabe von 1920 für mehr als 17.000 Euro.

Und was besitzt eigentlich Ulm so an Devotionalien? Natürlich hat das Stadtarchiv zum Beispiel den Eintrag von Albert Einstein aus dem Geburtenregister des Standesamts: Am 15. März 1879 waren die Eltern dort, einen Tag nach der Geburt ihres Sohnes. Im Juni 1880 zogen sie allerdings mit ihrem 15 Monate alten Kleinkind schon nach München, womit Einstein ein relativer Ulmer ist. Michael Wettengel, der Direktor des Stadtarchivs, sagt freilich bedauernd: „Eher ist das Verhältnis der Ulmer zu Einstein relativ.“ Schließlich gebe es doch bis heute recht viele Spuren zu entdecken: Einsteins Großeltern väterlicherseits etwa liegen auf dem jüdischen Teil des Alten Friedhofs begraben.

Das offizielle Ulm führte einen regelmäßigen Briefwechsel mit Einstein, gratulierte ihm zum Nobelpreis und benannte 1929 eine „Einsteinstraße“ nach ihm, woraufhin der so Geehrte aus Berlin antwortete: „Mein tröstlicher Gedanke war, dass ich ja nicht für das verantwortlich bin, was darin geschieht.“ Aber Einstein, der in Zürich studierte, in Bern und dann in Berlin zum epochalen Wissenschaftler avancierte und von 1932 bis zu seinem Tod 1955 in Princeton (USA) lebte, hat Ulm nicht vergessen. 1929 bekannte er in einem Brief an die „Ulmer Abendpost“, dessen Redakteur Kurt Fried ihm zum 50. Geburtstag gratuliert hatte. „Die Stadt der Geburt hängt dem Leben als etwas ebenso Einzigartiges an wie die Herkunft von der leiblichen Mutter. Auch der Geburtsstadt verdanken wir einen Teil unseres Wesens. So gedenke ich Ulms in Dankbarkeit, da es edle künstlerische Tradition mit schlichter und gesunder Wesensart verbindet.“

Es gibt unzählige Einstein-Zitate, längst nicht alle sind echt – aber diese Sätze sind belegt: getippt auf der Schreibmaschine und mit „ausgezeichneter Hochachtung“ unterschrieben. „Einstein ist eine Ikone“, sagt Michael Wettengel, gerne würde er fürs Stadtarchiv auch Einstein-Dokumente kaufen – kann aber, bei seinem Budget, höchstens auf Schnäppchenjagd gehen.

Eine ganz andere Frage ist es, wie Ulm überhaupt an Einstein öffentlich erinnert – abgesehen vom Einstein-Haus der vh oder dem Einstein-Marathon. Zum 125. Geburtstag 2004 zeigte das Stadthaus eine sehr umfassende Ausstellung. Ein veritables Einstein-Museum aber gibt’s jedenfalls nicht in Ulm.

Aber sehen nicht alle drei Nutzungskonzepte für die Wilhelmsburg ein Museum vor, für das die Stadt erst noch ein Thema suchen muss? Ob Kultur-, Wissenschafts- oder Friedensburg: Leben und Wirken Albert Einsteins böten Stoff für jede Ausrichtung, ob Friedenszentrum in der Festung oder Universitäts-Außenstelle.

ZITAT DES TAGES

Heidanei!

Ivo Gönner
Der Ulmer OB zum Umstand, dass Georgios Giannopoulos zum dritten Male als Nachrücker Stadtrat wird.