Der erste ausländische Stadtrat

Georgios Giannopoulos ist in Blaubeuren geboren, hat in Ulm Abitur gemacht und studiert. Er hat aber keinen deutschen Pass. Giannopoulos ist wie seine Eltern Grieche geblieben. Er ist jetzt der erste Stadtrat in der Ulmer Geschichte, der keinen Deutscher ist, sondern als Europäer in den Gemeinderat einzieht (wir berichteten bereits). Der Grieche rückte für den langjährigen SPD-Stadtrat Hans-Jörg Derra nach, der sein Mandat aus beruflichen Gründen aufgegeben hat. Oberbürgermeister Ivo Gönner, der Giannopoulos verpflichtete, verabschiedete mit Derra einen langjährigen politischen Weggefährten.

Es tritt dem Nachfolger Georgios Giannopoulos nicht zu nahe, wer feststellt, dass der Ulmer Gemeinderat mit dem Ausscheiden Hans-Jörg Derras einen Verlust zu beklagen hat. Dies umso weniger, als der Grieche Giannopoulos eine neue Note in den Gemeinderat einbringen kann: Internationale Erfahrungen, die er in vielen Funktionen bis hinauf zur Bundesebene als Vertreter seiner Landsleute schon gesammelt hat.

Mit Derra, mit dem nicht zuletzt Oberbürgermeister Gönner einen wichtigen Intimus verliert, geht ein Freigeist im besten Sinn. Seine Thesen und Ansichten musste man keineswegs immer teilen. Aber Derra nahm oft Positionen ein und tat Meinungen kund, die entweder erfrischende Dispute auslösten oder aber Wege wiesen. Derra geht zwar in der für ihn unbefriedigenden Situation, dass der Gemeinderat seine neue Rolle gegenüber der reformierten Verwaltung noch immer nicht gefunden hat. Die Verwaltungsreform mit mehr Bürgerfreundlichkeit, besserem Kostenbewusstsein und höhere Effizienz aber ist ebenso untrennbar mit seinem Namen verbunden wie der gemeinsame Stadtentwicklungsverband mit Neu-Ulm.

Derra hört auf, weil das Mandat nicht mehr mit dem Beruf unter einen Hut zu bringen war. Das wirft die Frage auf, ob der Preis für beruflicher Erfolg im Verzicht auf das politische Ehrenamt besteht. Wenn dem so wäre, wäre dies ein Alarmzeichen.

polis