Dioxin: Dauerbrenner unter den Agro-Skandalen

Bei der Dioxin-Katastrophe im norditalienischen Seveso im Jahre 1976 waren aus einer Fabrik des Chemie-Multis Hoffmann-La Roche 2,5 Kilogramm von dem Ultragift entwichen und hatten eine der größten Giftkatastrophen der Geschichte ausgelöst. Zweihundert Menschen erlitten schwerste Verätzungen, 700 Einwohner mussten ihre Häuser verlassen, 50000 Tiere mussten getötet werden, ein Gelände von 87 Hektar wurde evakuiert – auf unabsehbare Zeit.

Die Dioxin-Katastrophe von Seveso war zwar das bislang schlimmste, aber nicht das erste Unglück: 1949 gab es eines beim Agro-Konzern Monsanto, 1953 beim deutschen Chemie-Multi BASF. Damals litten vor allem die Beschäftigten unter Vergiftungen, Krebs und Hautkrankheiten. Die allgemeine Belastung der Umwelt mit Dioxin war eigentlich seit Jahren rückläufig, auch bei der Muttermilch – bis das Tierfutter zur neuen Belastungsquelle wurde. Die verschlungenen Wege der kostengünstigen Tierfütterung in Zeiten der Globalisierung sorgte für völlig überraschende Kontainationsquellen.

Im Jahre 1998 war urplötzlich die Milch von Schwarzwälder Kühen mit Dioxin belastet. Ursache: Die Kühe bekamen statt Gras Kraftfutter von Raiffeisen – und das enthielt Zitruspellets aus Brasilien. Bei der Trocknung dieser Pellets, Abfallprodukten der Orangensaftproduktion, kam Kalk zum Einsatz. Der wiederum stammte aus einer Chemiefabrik, die zum Imperium des belgischen Chemiemultis Solvay gehört, einer der größten Chemiekonzerne weltweit.

Die Futtermittelimporteure reagierten damals überrascht. »Das hat es in den letzten 30 Jahren nicht gegeben«, sagte Klaus Schumacher, Manager beim Handelshaus Alfred Toepfer International in Hamburg. »Das war kein Vorsatz, das war ein Unfall, ein echter Unfall, und das wird nicht wieder vorkommen.«

kassandra